#179: Über den Eckersprung zum Brocken im Harz

Nach zwei erfolgreichen Wanderungen in und um Torfhaus hatte ich noch genau eine geplante Runde dort offen. Ich wollte über den Eckersprung zum Brocken im Harz wandern. Keine Ahnung, worauf ich mich dort einlassen würde, aber die Ecker klang eigentlich ganz cool, zumindest geht Wasser immer. Und wenn man bereits auf der Hälfte des Brockens angekommen ist, kann man auch gleich die Brockenbahn mitnehmen. Zumindest wollte ich die am Goetheweg schon seit Jahren im Nebel fotografieren. Hat irgendwie nie geklappt, vielleicht diesmal.

Ankunft Torfhaus:

Das Wetter war wieder bombe. Ein paar Meter hinter Bad Harzburg fing zum 3. Mal in Folge die Nebelsuppe an. So werde ich gern vom Harz begrüßt. Wie gewohnt, stellte ich mein Auto an dem kleinen Wanderparkplatz kurz hinter Torfhaus ab. Hier kannst du übrigens kostenlos parken, wenn du zeitig genug da bist.

Das Torfhausmoor hatte ich ja bei meiner vorletzten Tour fotografisch schon auseinandergenommen, aber wie das so ist: Irgendwas findet man trotzdem immer. Diesmal wollte ich mich aber nicht in den vielen kleinen Details verlieren. Keine Ahnung, wie lange die Stimmung anhalten würde, also sah ich zu, auf den Pfad zu kommen, den ich noch nicht kannte.

Hohe Nadelbäume säumten den Wanderweg und empfingen mich mit kräftigen Grüntönen. Tropfen hingen an den Ästen und ein lautes Vogelgezwitscher läutete den Tag ein. Der Inbegriff eines Waldbades. Viele Nadelbäume im Harz sind mittlerweile relativ jung, aber die, die hier standen, mussten einige Jahre auf dem Buckel haben. Ob es Fichten oder Tannen waren, weiß ich nicht, es war einfach nur wunderschön. Vielleicht erkennst du es ja und kannst meine Bildungslücke schließen.

Spooky moment:

Als wenig später ein Auto in der nebligen Pampa auftauchte, wurde mir ein bisschen komisch in der Magengegend. Wer fährt mit seinem Auto an den Arsch der Welt des Nationalparks? Der Förster vielleicht? Aber dafür erschien mir ein klappriger Kombi irgendwie ungeeignet. Im Gelände nutzen die meist höhere Fahrzeuge. Offizielle Straßen waren kilometerweit entfernt und vor allem, wo war derjenige… Ja klar, ich lief auch hier entlang, aber parkte dort nicht mit einem zwielichtigen Gefährt. Ich sollte glaube echt aufhören, mir auf Netflix sämtliche True Crime Serien reinzuziehen, sondern eher in Richtung Schnulzen switchen.

Jedenfalls nahm ich meine Beine in die Hände und sah zu, weiterzukommen. In meinem eingebildeten Verfolgungswahn drehte ich mich die ersten Meter sporadisch immer wieder um, doch es war niemand zu sehen – was ja eigentlich zu erwarten war, aber man weiß ja nie. Ich konzentrierte mich weiter auf die Fotografie, denn vor mir lag mein Ziel für diesen Tag: der Eckersprung.

Am Eckersprung:

Eine wunderschöne kleine Holzbrücke läutete den herrlichen Wanderweg ein, der mich auf den nächsten Metern begleiten würde. Der schmale Pfad schlängelte sich durch den Wald, während auf der linken Seite der Fluss den Berg hinunterfloss. Die Schönheit dieser Gegend haute mich sofort um. Klares Wasser rauschte ins Tal, links und rechts von moosbedeckten Bäumen umgeben.

Ich kraxelte entlang des Ufers und suchte die schönsten Perspektiven. Ein Polfilter half mir an dem Tag, etwas mehr Kontrast in die Bilder zu bekommen. Obwohl man bei diesen Bedingungen eigentlich gar keine Ahnung haben muss. Die Landschaft war wie gemalt, fehlte nur noch ein heulender Wolf – wobei, lieber nicht.

Stempelstelle 136 / Eckersprung:

Die letzten Meter bis zur Stempelstelle waren nicht mehr ganz so zauberhaft, aber trotzdem wunderschön. Der Nebel zog weiterhin fleißig durch die Bäume und je höher ich kam, desto mehr wurde es. Wenn es an diesem Tag nichts mit der Brockenbahn geworden wäre, hätte ich einen Besen gefressen. Aber eh es so weit war, musste ich erstmal die letzten Höhenmeter zurücklegen. Ein breiter Grenzweg, der sich gefühlt hunderte Kilometer zog.

Die Brockenbahn:

Als ich die Schienen zum ersten Mal kreuzte, entschied ich mich dazu, den Weg soweit wie möglich in Richtung Brocken fortzuführen. Ich wollte erstmal ein paar geeignete Spots heraussuchen und schauen, wo ich mich am besten positioniere.

Bis zum Eintreffen der Bahn hatte ich eine gute Stunde Zeit. Während ich mir nach und nach die Perspektiven raussuchte, wurde der Nebel beinahe schon zu dicht. Meine Befürchtung war, dass es nun fast zu viel werden könnte. Eigentlich wollte ich mit einer längeren Brennweite arbeiten, aber das war ausgeschlossen. Also doch lieber im Weitwinkel, was die Suche nach geeigneten Plätzen nicht einfacher machte.

Natürlich konnte ich mich zwischen zwei Orten nicht entscheiden und versuchte meiner Intuition zu folgen. Tja, die war auch schon mal besser, denn tatsächlich war ich zu nah an der Bahn. Auch wenn die Bilder nicht schlecht waren, so ganz überzeugt war ich noch nicht. Außerdem konnte ich mich zwischen hoch und quer nicht entscheiden, blöd – wie das immer so ist, wenn es schnell gehen muss.

Und was mache ich, wenn ich nicht zufrieden bin? Genau, ich warte einfach 45 Minuten bis zur nächsten Bahn… im Stehen… in der Kälte… im Regen. Wieder mal einer dieser Momente, in denen ich mir gepflegt durchs Gesicht fassen könnte. Mittlerweile war ich seit über vier Stunden unterwegs und die Warterei machte es nicht besser, genau wie der Regen. Aber was tut man nicht alles für ein paar Fotos. Also vertrieb ich mir die Zeit mit Instagram und WhatsApp, bis ich die Dampfkessel aus der Ferne hörte und mein Warten (endlich) ein Ende hatte. Diesmal hatte es geklappt, so wie ich wollte.

Auf schnellstem Weg zurück zum Auto:

Mein innerer Monk war befriedigt und nun konnte ich mit schnellem Schritt den Weg nach unten bestreiten. Zum Glück, denn mittlerweile füllte es sich auf den Wanderwegen in Richtung Brockenplateau. Ich hatte das Gefühl, eine Invasion von Wanderern kam mir entgegen. Zumindest wurde ich mit dem Grüßen nicht fertig. Keine Ahnung wie viele Menschen unterwegs waren, aber an die 200 Leute sind locker vorbeigelaufen. Nach knapp zwanzig Minuten hab ich es einfach sein lassen und nur noch genickt – man will ja nicht völlig unhöflich rüberkommen.

Die Kamera hatte ich auf dem Rückweg nur wenig in der Hand, da ich für den Tag durch war. Für ein paar Bilder stellte ich sie zwar trotzdem nochmal an, aber das war nicht weiter der Rede wert. Ich machte drei Kreuze, als ich nach ca. 16 Kilometern wieder am Auto ankam.

Ich hoffe, dir hat die Tour über den Eckersprung zum Brocken im Harz gefallen. Beim nächsten Mal geht’s nun endlich woanders hin, versprochen. Auf dich wartet eine feuchtfröhliche Wanderung in die Sächsische Schweiz, die ich so bisher noch nicht erlebt habe. Ich hatte nicht nur eine großartige Begleitung dabei, auch das Wetter war mehr als großzügig zu uns. Wenn du das nicht verpassen willst, lass gern ein Abo da.

Wenn du eines der Bilder aus diesem Beitrag an deinen Wänden aufhängen möchtest, gib mir gern Bescheid und ich binde es im Shop mit ein:

12 Kommentare

  1. Was mir hier auffällt, sind die vielen toten Bäume…. Die Dampflokomotive ist sehr schön. Gut, dass solche Maschinen für die Zukunft erhalten bleiben. Vielen Dank für die sehr attraktive Fotoserie.

  2. Das mit dem erschöpfenden Grüssen kenne ich von einer Säntiswanderung. Ich dachte immer, die Schweizer seien so höflich und grüssen einen jeden, der ihnen begegnet, doch scheint das ein Wandergesetz zu sein. Seit die Menschheit so enorm mobil ist, gibts keine stillen Ecken mehr, trotzdem hast du wie immer jede Menge Zauber rausgeholt, ich träume auch von einer Brockenbesteigung … LG von Astrolady

    • Ja das gibt es tatsächlich überall, zumindest grüße ich überall. Es gibt natürlich auch Menschen, die einen dann komisch angucken 😉 Vielleicht klappt es ja, dass du dir den Brocken mal anschauen kannst 😉

  3. Ganz tolle Eisenbahn-Fotos. Vor Langem war ich auch dort oben. Natürlich im dichten Nebel. Dem Foto-Laien ist es am Gleis nicht so gut gelungen.
    https://tarzanberlin.wordpress.com/2020/01/18/harter-brocken/

  4. xxx

  5. Ganz tolle Bahn-Bilder, bravo. Vor Jahren war ich auch dort oben. Natürlich im dichten Nebel. Als Foto-Laie habe ich nichts Rechtes hingekriegt …
    https://tarzanberlin.wordpress.com/2020/01/18/harter-brocken/

  6. Wow, das ist ja echt eine sehr mystische Stimmung und – wie immer – super umgesetzt.

    Fichten haben übrigens spitze, stechende Nadeln, während Tannen weichere haben mit 2 weißen “Wachsstreifen” an der Unterseite. Es gibt noch einige andere Unterscheidungsmerkmale, aber das sind die eindeutigsten. Ich nehme mal an, dass auf den Bildern alles Fichten sind, die einst in Monokultur hier standortfremd aufgeforstet wurden und jetzt dem wärmer gewordenen Klima Tribut zahlen müssen.

  7. Auch wieder stimmungsvolle Bilder und ja der eine Moment echt spucky 👻

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